Insekten / Heuschrecke / Grille / Mehlwurm / Larven / Acheta domesticus / Tenebrio molitor / Locusta migratoria / Alphitobius diaperinus
Inhaltsverzeichnis
Aktueller Stand / State of the Art
Der Konsum von Insekten ist in Europa kaum verbreitet. Auch wenn teilweise Inhaltsstoffe aus Insekten gewonnen werden (wie z.B. Schellack oder echtes Karmin), sind echte Bestandteile von Insekten in Produkten nahezu nie zu finden. Wie in vielen anderen Bereichen es Änderungen gibt, so hat sich in den letzten Jahren auch hier einiges getan. Der Konsum von Insekten wird langsam aber doch salonfähiger und so findet man in gängigen Supermärkten hin und wieder Snacks aus Grillen oder Burger Patties aus Insekten. Seit Anfang 2023 gibt es innerhalb der EU auch eine Regelung, die den Einsatz von einigen bestimmten Insekten in anderen Produkten erlaubt.
Mit dieser Entwicklung stellt sich für muslimische Verbraucher die Frage, ob denn der Verzehr von Insekten erlaubt ist. Diese Frage ist keineswegs einfach zu beantworten, da es keine eindeutigen Beweise aus Quran und Sunnah gibt, die das verbieten. Nachfolgend befinden sich die Ansichten der vier Rechtsschulen zu diesem Thema.
In der EU zugelassene Insekten
Bereits seit 2021 werden der gelbe Mehlwurm und die Heuschrecke in der EU als Lebensmittel verkauft. Das kann sowohl als Snack als auch verarbeitet/vermahlen in Nudeln oder Backwaren der Fall sein.
Mit Anfang 2023 ist eine neue EU-Verordnung in Kraft getreten, die 2 weitere Insekten(-bestandteile) erlaubt: teilweise entfettetes Pulver aus Acheta Domesticus (Hausgrille) und Larven des Getreideschimmelkäfers Alphitobius diaperinus (Buffalowurm). Aber: die Genehmigung wurde ausschließlich für die Firma Cricket One Co. Ldt aus Vietnam erteilt. Das zweitere wurde exklusiv für 5 Jahre der Firma Ynsect NL B.V. genehmigt.
Alle eingesetzten Insektenbestandteile müssen auf der Zutatenliste erscheinen. Folgende Bezeichnungen sind gültig: • teilweise entfettetes Pulver aus Acheta domesticus (Hausgrille) • gefrorene Larven/Paste aus Larven von Alphitobius diaperinus (Getreideschimmelkäfer) • getrocknete Larven/Pulver aus Larven von Alphitobius diaperinus (Getreideschimmelkäfer) • Wanderheuschrecke: Locusta migratoria • Larven des Mehlwurms: Tenebrio molitor/gelber Mehlwurm Bei allen Bezeichnungen müssen immer die deutschen Namen auch in der Zutatenliste auftauchen. Es reicht nicht aus, nur den lateinischen Namen zu verwenden.
Hanefitische Rechtsschule
Die hanefitische Rechtsschule, welche bei den Speisevorschriften meist strikter ist als andere Rechtsschulen, verbietet generell das Essen von Insekten. Die einzige Ausnahme sind Heuschrecken, da diese explizit in Hadithen erwähnt werden. Unter anderem in folgenden: „Uns wurden zwei (Arten von) Toten und Blute erlaubt. Was die zwei Toten angeht: (Es ist) die Heuschrecke und der Fisch. Und was die zwei Blute angeht: (Es ist) die Leber und die Milz“ [Sunan Ibn Majah 3314]
Das Verbot aller anderen Insekten wird damit begründet, dass sie zu den „khabaith“ (Verabscheungswürdige) gehören, da sie bei den meisten Menschen ekel erregen. Allah sagt im Koran: „Es sind diejenigen, die dem Gesandten, dem lese- und schreibunkundigen Propheten folgen, über den sie bei sich in At-taurat und Alindschil geschrieben finden. Er ruft sie zum Gebilligten auf, rät ihnen vom Mißbilligten ab, erklärt ihnen die guten Dinge für halal und die schlechten Dinge für haram und erleichtert ihnen ihre schweren Gebote und die Einschränkungen, die ihnen auferlegt waren. Also diejenigen, die den Iman an ihn verinnerlicht, ihn geehrt, ihm zum Sieg verholfen haben und dem Licht (Quran) gefolgt sind, das ihm hinabgesandt wurde, diese sind die wirklichen Erfolgreichen.“ [Al-Araf,157]
Schafiitische und hanbelitische Rechtsschule
Beide Rechtsschulen argumentieren wie die hanefitische Rechtsschule und verbieten somit den Verzehr von Insekten außer Heuschrecken, da wie erwähnt, diese in Hadithen explizit erwähnt werden.
Malikitische Rechtsschule:
Die malikitische Rechtsschule, welche die Speisevorschriften betreffend die lockerste aller Rechtsschulen ist, erlaubt als einziger den Konsum aller Insekten. Voraussetzung dafür ist, dass diese geschlachtet werden. Als geschlachtet zählt jede Methode, das zum Tod des Insekts führt. Auch darf das Tier nicht schädlich für Menschen sein. Wichtig ist auch, dass das verzehrte Insekt nicht gesundheitsschädlich ist.
Einstufung der in der EU erlaubte Insekten
Rechtschule | Heuschrecken | Buffalowurm | Hausgrille | gelber Mehlwurm |
---|---|---|---|---|
hanefitische Rechtsschule | JA | NEIN | UNBEKANNT | NEIN |
malikitische Rechtsschule | JA | JA | JA | JA |
schafiitische Rechtsschule | JA | NEIN | UNBEKANNT | NEIN |
hanbelitische Rechtsschule | JA | NEIN | UNBEKANNT | NEIN |
Anmerkung zur Hausgrille: Die Frage, die sich hier stellt, ist, ob die Grille zu den Heuschrecken gehört. Wir warten hier noch auf eine Antwort auf unsere Anfrage an „Dar Al-Ifta Ägypten“.
Fazit
Wie ersichtlich, verbietet die Mehrheit der Gelehrten den Verzehr von Insekten. Demzufolge ist muslimischen Verbrauchern zu empfehlen, beim Einkauf auch auf diese Thematik zu achten. Jedoch sollte an dieser Stelle eines klargestellt werden: auch wenn der Konsum von Insekten immer mehr an Zustimmung in Europa gewinnt, sind wir noch lange davon entfernt, dass das zum Alltag wird. Die Akzeptanz ist bei den meisten Menschen noch sehr gering. Deshalb reicht es aktuell, einfach sich mal über diese Thematik zu informieren und sich über die weitere Entwicklung dieser Thematik auf dem Laufenden zu halten. Zu glauben, dass morgen schon in allen herkömmlichen Produkten Insektenzusätze hinzugefügt sein werden, ist nur Panikmacherei.
Quellen:
https://halalmui.org/en/legal-consuming-ants-japanese/
https://www.halaal.org.za/faq/
https://fetvameclisi.com/fetva/bocek-yemek-caiz-midir
https://muftiwp.gov.my/en/artikel/al-kafi-li-al-fatawi/2884-al-kafi-963-the-ruling-of-eating-locust